Donnerstag, 27. Juni 2013

Meister fallen nicht vom Himmel

Mein Vater ist Tischlermeister, im Dezember hatte er 50jähriges Jubiläum. Vor einigen Wochen erhielt er dafür von der Kreishandwerkerschaft den goldenen Meisterbrief. Sein Meisterbrief von 1962, kunstvoll in handgeschriebener Schönschrift verfasst, hing viele Jahre in seinem Büro – bis die Eltern Werkstatt und Wohnhaus verkauften. Seit dieser Zeit dümpelte dieser Brief nun in unserem Bilderlager.
Unser ist schief, denn eigentlich sind es fast nur meine Bilder: Zeichnungen gerahmt und in Mappen, Ölgemälde vor allem, sind hier gestapelt.
Dazwischen der Meisterbrief meines früh verstorbenen Onkels.
Auch mein Großvater war Tischlermeister gewesen.

Die Briefe meines Vaters hängten wir heute auf. Sie kamen auf die Empore, wir mussten dafür auf metallene Gitter steigen, die das Haus in drei Meter Höhe von innen stützen. Ich habe Höhenangst. Mir zitterten die Knie. 
Es war mir eine Ehre. 50 Jahre. Er hat in ganz Deutschland gearbeitet, einen Betrieb mit zeitweise 15 Tischlern geführt, Möbel, Messestände und Treppen entworfen und gebaut, Fenster und Türen in Altbauten restauriert und noch viel mehr.

Die Nägel für die Urkunden schlug er selbst in die Wand.
Im Bilderlager fand ich auch seine Ehrung für 25-Jahre-Tischlermeister-sein.


Hier stehen Arbeiten aus den letzten 25 Jahren, sagte ich zu mir, fast kapitulierend und flüsterte, dass es immer voller wird und ich besser nix mehr schaffen sollte.
Das ist frustrierend, oder? murmelte der Vater.
Ich tat so, als hätte ich es nicht gehört.

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