Donnerstag, 29. September 2011

Abgründe

Heute ein kleiner Ausflug in Höhen und Tiefen und zu Büchern, die ich in der letzten Zeit gelesen habe.
Wie nah der Abgrund ist und wie schnell sich das Böse in den ganz normalen Alltag einschleichen und dann explodieren kann, erzählen die Autorinnen Borger & Straub in Kleine Schwester . Aus der Sicht der 12-jährigen Lilly wird eine Geschichte vom Abgrund rekapituliert, die gerade weil sie so nachvollziehbar und logisch scheint, zeigt, wie schnell man selber auch hineintrudeln könnte.
Vom Thema her anders gestrickt, aber genauso eindringlich beschreibt Annette Pehnt in mobbing die Geschichte einer Familie. Ein äußerer Umstand verändert die inneren der Protagonisten und damit alles. Oder ist es umgekehrt? Beides sind großartige Bücher, die individuelle Gefühle so darstellen, dass sie Allgemeingültigkeit haben. Das ist der große Anspruch, den Kunst hat.
Die Frage nach der Schuld und ob zuerst die Henne oder das Ei da war, ist in keinem der beiden Bücher lös- oder ergründbar.
Während meines Studiums sagte mein Professor einmal zu mir, Kunst ist, ein individuelles Gefühl in ein allgemeingültiges zu transformieren. Damals verstand ich nicht was er meinte und wollte das auch nicht kapieren, wollte nur das uneingeschränkt individuelle. Einige Zeit später begriff ich das mir mit auf den Weg gegebene. Noch heute bin ich Urs Lüthi, bei dem ich das Glück hatte, zu studieren, für seine Worte dankbar. Allen, die Höhenangst haben, sei die große Welt und der Himmel unter der Stadt von Colum McCann empfohlen.

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